Soll ein gerichtliches Verfahren geführt werden, muss zunächst der Streitwert festgelegt werden. Dieser Wert entspricht dem finanziellen Schaden, der dem Geschädigten tatsächlich oder potentiell entstanden ist. Die Höhe des Streitwerts ist für das gesamte Verfahren sehr wichtig, denn er bestimmt sowohl, welches Gericht zuständig ist, als auch, welche Rechtsmittel zulässig sind. Außerdem werden anhand des Streitwertes die Gerichts- und Anwaltskosten festgelegt.
Die Höhe des Streitwertes wird vom Gericht durch den sogenannten Streitwertbeschluss bestimmt. Wie dies vonstatten geht, erläutert der folgende Ratgeber.
Inhaltsverzeichnis
FAQ: Streitwertbeschluss
Wer stellt den Streitwert fest?
Die Streitwertbestimmung erfolgt durch das Gericht.
Wie berechnet man den Streitwert?
Geht es bei dem Prozess um einen konkreten Geldbetrag, bspw. eine ausgebliebene Mietzahlung, entspricht der Streitwert üblicherweise eben jenem Betrag. Streiten sich die Parteien wiederum um einen bestimmten Gegenstand, z. B. ein Auto, entspricht der Streitwert dessen aktuellem Wert. Bei allen anderen Prozessen kann das Gericht den Streitwert nach freiem Ermessen bestimmen. Hierbei wird entweder das wirtschaftliche Interesse des Klägers berücksichtigt oder (sofern dieses wirtschaftliche Interesse nicht einschätzbar ist) ein Auffangstreitwert von 5000 Euro angenommen.
Welches Rechtsmittel kann ich gegen den Streitwertbeschluss einlegen?
Sind Sie mit der Höhe des Streitwertes nicht einverstanden, können Sie eine Beschwerde gegen den Streitwertbeschluss einlegen, die sog. Streitwertbeschwerde. Wie eine solche aussehen kann, zeigt unser Muster.
Wie ergeht der Streitwertbeschluss?
Mit dem Streitwertbeschluss legt das Gericht die Höhe des Streitwertes fest, wobei es unterschiedlich vorgeht:
Ist der Gegenstand des Rechtsstreits ein konkreter Geldbetrag, z. B. ein nicht gezahlter Kaufpreis oder ein Ausbleiben der Gehaltszahlung, entspricht der Streitwert diesem Betrag. Angenommen, der Beklagte schuldet dem Kläger 2000 Euro, so beträgt bei diesem Verfahren auch der Streitwert 2000 Euro. Ähnlich verhält es sich, wenn es zwar nicht um einen konkreten Geldbetrag geht, aber um einen ganz bestimmten Gegenstand, dessen aktueller Wert sich beziffern lässt. Das kann z. B. ein Auto oder eine Immobilie sein. In diesem Fall entspricht der Streitwert dem aktuellen Wert dieses Gegenstands.
Komplizierter wird es, wenn der Streitgegenstand kein Geldbetrag oder ein konkretes Objekt ist. Das können z. B. Sorgerechtsstreits sein oder eine Kündigungsschutzklage. Bei solchen nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten ergeht der Streitwertbeschluss nach Ermessen des Gerichts. Das bedeutet natürlich nicht, dass dieses den Streitwert willkürlich festlegen darf, sondern dass hierbei verschiedene Umstände berücksichtigt werden müssen, wie z. B.:
- der Umfang der Streitsache
- die Bedeutung der Streitsache
- die Vermögens- und Einkommensverhältnisse beider Parteien
Es gilt beim Streitwertbeschluss vor allem darum, das wirtschaftliche Interesse des Klägers an der Klärung des Rechtsstreits einzuschätzen. Ist das nicht möglich, weil es keine ausreichenden Anhaltspunkte gibt, wird ein sogenannter Auffangstreitwert herangezogen. Dieser beträgt gemäß § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) 5000 Euro.
Die Streitwertkataloge als Orientierung
Gibt es hingegen Anhaltspunkte, dass sich das wirtschaftliche Interesse des Klägers beziffern lässt, müssen diese beim Streitwertbeschluss berücksichtigt werden. Als Orientierung können dem Gericht dabei verschiedene Streitwertkataloge dienen. Solche existieren bislang für die Gebiete Verwaltungsgerichtsbarkeit, Sozialgerichtsbarkeit und Arbeitsgerichtbarkeit. Im Zivilrecht hingegen gibt es keinen Streitwertkatalog.
Die Streitwertkataloge listen typische Streitsachen ihrer jeweiligen Rechtsgebiete auf und machen Vorgaben zu den entsprechenden Streitwerten. Diese Vorgaben können konkrete Geldbeträge beinhalten, relative Beträge (z. B. „ein Monatsgehalt”) oder auch einfach nur zusätzliche Kriterien, die beim Streitwertbeschluss berücksichtigt werden sollten. Das Gericht ist nicht verpflichtet, den Empfehlungen des Streitwertkatalogs zu folgen.
Beschwerde gegen den Streitwertbeschluss: Muster
Sowohl als Kläger als auch als Beklagter können Sie gegen den Streitwertbeschluss Rechtsmittel einlegen: die Beschwerde nach § 68 GKG. Dazu muss der Beschwerdegegenstand einen Wert von mehr als 200 Euro haben. Das ist z. B. der Fall, wenn der Streitwert Ihrer Meinung nach zu hoch ist und Ihnen dadurch Anwaltskosten entstehen, die mehr als 200 Euro höher sind als das, was Sie bei dem Streitwert, den Sie für angemessen halten, zahlen müssten. Auch ein Rechtsanwalt kann die Beschwerde gegen den Streitwertbeschluss einreichen.
Unser Muster gibt Ihnen eine Orientierung, wie diese formuliert werden muss.
Streitwertbeschwerde
[Ort, Datum]
Aktenzeichen der Hauptsache: ___
In der Streitsache [Kläger]/[Beklagter] erhebe ich im eigenen Namen Streitwertbeschwerde nach § 32 Abs. 2 RVG.
Es wird beantragt, den Streitwert von ___ EUR auf ___ EUR [herauf-/herabzusetzen].
[Begründung]
[Name, Unterschrift]
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